RUB » Münzsammlung» Online-Ausstellung

3) Ein Denar des Caesarmörders Cassius aus dem Frühjahr 42 v. Chr.

http://www.ruhr-uni-bochum.de/muenzsammlung/augustus/2262.jpg
Auf der Vorderseite ist in der Mitte ein weiblicher Kopf nach rechts blickend dargestellt. Um seinen Hals trägt er eine Perlenkette, auf dem Kopf sitzt ein Kranz (stepháne) als Symbol göttlicher oder magistratischer Würde. Rechts am Rand steht (bei diesem Stück etwas undeutlich) LEIBERTAS, und damit wird deutlich, dass es ich bei dem Kopf um eine Personifikation der „Freiheit“ als Verkörperung der persönlichen Freiheit des römischen Bürgers handelt. Auf der linken Seite steht der Name des Prägeherren: C•CASSI•IMP für Gaius Cassius Imperator. Den Avers umgibt ein Perlkreis; auch der Revers wird von einem Perlkreis umschlossen.
In der Mitte der Rückseite befinden sich eine Opferkanne (sitella)  und ein Krummstab (lituus), beides Kultgeräte der römischen Auguren. Die zweizeilige Legende am unteren Rand lautet LENTULUS SPINT. Der Prägeverantwortliche war der Quästor (44) bzw. Proquästor (43/42 v. Chr.) P. Cornelius Lentulus Spinther.
C. Cassius Longinus, Praetor 44 v. Chr., stellte sich bei Ausbruch des Bürgerkrieges zunächst auf die Seite des Pompeius, wurde 47 v. Chr. von Caesar begnadigt, aber politisch kaltgestellt. 44 v Chr. galt er als Anstifter der Verschwörung, trat aber bald hinter Marcus Brutus zurück. Der Untergang der Republik als Staatsform konnte durch den Mord jedoch nicht verhindert werden. Die Attentäter wurden zwar begnadigt, mussten jedoch Rom verlassen. Cassius bemächtigte sich im Spätsommer eigenmächtig der Provinz Syrien, die er gegen militärischen Widerstand halten konnte. Auch Lentulus Spinther war während des Attentats auf Caesar in Rom, bekannte sich offen zu den Caesarmördern und schloß sich Cassius an, dem er 43 – 42 v. Chr. in Syrien und später in Griechenland als Stabsoffizier diente. In diese Zeit fällt auch die umfangreiche Prägung von Denaren und Aurei in einer kleinasiatischen Münzstätte des Cassius durch den zuständigen Spinther im Namen beider Caesarmörder (wohl Frühjahr 42 v. Chr.).
In Rom hatte sich inzwischen 43 v. Chr. mit der Bildung des zweiten Triumvirats die politische Lage grundlegend geändert. Die Caesarmörder wurden verurteilt, der Krieg gegen sie vorbereitet.
In Bedrängnis geraten, versuchten Brutus und Cassius, getrennt von einander, ein Heer aufzustellen und Geld einzutreiben. Beide besaßen kein Amt und damit keinen Rechtstitel für ihr Vorgehen. Sie nannten sich daher imperator, wie die vorliegende Münze für Cassius zeigt, und beanspruchten für sich durch den ihnen vom Heer im Frühjahr 42 v. Chr. verliehenen Siegertitel damit den Status als ordentliche Befehlshaber (Lentulus Spinther führt nur sein Amt als Augur an). Die eigentliche Begründung für den Widerstand gegen die Caesarianer verdeutlicht allerdings das Bild der Libertas, der Göttin der Freiheit. Sie symbolisiert nicht nur die Berechtigung des Mordes an Caesar, sondern rechtfertigt auch die Mörder, die im Dienste der republikanischen Freiheit gehandelt haben.
Im Herbst 42 v. Chr. fiel in der Doppelschlacht von Philippi in Nordgriechenland die Entscheidung zwischen den Triumvirn und den Caesarmördern: Zuerst Cassius und anschließend Brutus verloren die Schlacht und nahmen sich das Leben. Lentulus Spinther wird kurz darauf umgekommen sein.

Inv.Nr. 2262 (3,71g; Stempelstellung 6) 
Crawford, Michael H.: Roman Republican Coinage, Cambridge 1974, Nr.500/3.
Cem Öztan
Literatur:

  • Elvers, Karl-Ludwig: Art. C. Cassius Longinus, in: Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd.3, Stuttgart, Weimar 2001, Sp.1008-1010.

  • Eder, Walter: Art. C. Lentulus Spinther, in: Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd.3, Stuttgart, Weimar 2001, Sp.175-176.

  • Steffel, Eliane: Art. Libertas, in: Der Neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd.7, Stuttgart, Weimar 2001, Sp.144-145.

  • Woytek, Bernhard: Arma et nummi, Wien 2004, S. 505 – 528.

Zurück zum Anfang